Wasser: öffentliches Gut oder kommerzielle Ware?

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Duschen, Kaffee trinken und Auto waschen: Rund 120 Liter Trinkwasser verbraucht der Deutsche täglich. Hinzu kommt der indirekte Verbrauch durch den Konsum von Produkten, die bei der Herstellung Unmengen von Wasser verbrauchen. Im Gegensatz dazu haben knapp eine Milliarde Menschen auf der Welt nicht einmal genug zu trinken.

Wasser – laut Resolution der Vereinten Nationen ein Menschenrecht – gibt es auf dem Planeten genug. Die Fragen sind, in welcher Form es vorhanden ist, ob es genießbar ist, wie es verteilt ist und wer Zugang hat. Die Menge des genießbaren und unbedenklichen Wassers ist durch technologischen Fortschritt gewachsen, die Zahl der Menschen, die keinen Zugang haben allerdings auch. Das Milleniumsziel der Vereinten Nationen, bis 2015 die Zahl der Menschen ohne Zugang zu Trinkwasser zu halbieren, ist nach offiziellen Verlautbarungen der UN nicht erreichbar.

Der Markt soll es regeln

In der EU ist vor diesem Hintergrund eine Privatisierungsdiskussion entstanden. Die Diskussion ist heikel, berührt sie doch politische Grundprinzipien: kann die Wasserversorgung als kommerzielles Geschäft von privatrechtlichen, gewinnorientierten Unternehmen angeboten werden? Gegner einer Privatisierung bezweifeln, dass Konzerne den völkerrechtlich verankerten Rechtsanspruch auf Wasser gewährleisten können. Der Trinkwasser-Experte und Sachverständige Jürgen Elsaß hält die Diskussion über eine Privatisierung für unüberlegt: „Privatwirtschaftliche Gewinnmaximierung wird über kurz oder lang ärmere Schichten der Bevölkerung vom Zugang zu Wasser ausschließen. Das Thema Trinkwasser darf nicht von Investition und Rendite abhängig sein, der Markt darf es nicht regeln.“ Bereits heute teilen vier Konzerne den Wassermarkt weltweit untereinander auf. In einigen südamerikanischen Ländern, speziell Bolivien und Brasilien, führt das zu einer paradoxen Situation. Konzerne erwerben die Wasserrechte für ein Reservoir, zapfen die Quellen an und verkaufen das Wasser auf dem Weltmarkt als edles Quellwasser. Die Bevölkerung in den Ländern sitzt auf dem Trockenen. Das teure – eigene – Wasser in den Geschäften kann sie sich nicht leisten. Jürgen Elsaß ist der Meinung, dass in den demokratischen Ländern das Trinkwasser in Staatshänden bleiben soll, dass der Staat die Qualität kontrolliert und das Trinkwasser zu einem einheitlichen Preis zur Verfügung stellt.

Seismograph Börse

Der bolivianische Präsident Evo Morales knüpft große Hoffnungen daran, dass die UN Resolution das Menschenrecht auf Wasser auch auf die sanitäre Grundversorgung bezieht. Die Relevanz dieses völkerrechtlichen Anspruchs für die Realpolitik wird sich aber erst erweisen müssen. Die Fronten sind verhärtet. Den Privatisierungsgegnern werden sozialistische Vorbehalte unterstellt, den Befürwortern egoistische, profitmaximierende Kapitalismusumtriebe. Die Finanzmärkte erweisen sich wieder einmal als Seismograph: Durch die Finanzkrise verunsicherte Anleger suchen nach Alternativen und fragen zunehmend sichere Anlagen mit einem realen Wertschöpfungsbezug nach. Eine starke Nachfrage nach Rohstofffonds ist die Folge. Wasserfonds stehen ganz vorn. Es bleibt spannend, wie die weitere Entwicklung und auch die rechtlichen Entscheidungen der EU und der Weltgemeinschaft verlaufen. „Klare rechtliche Regeln und Verantwortlichkeiten wird es so schnell nicht geben“, prognostiziert Jürgen Elsaß und verweist auf Deutschland: „Hierzulande ist nur die Qualität des Trinkwassers bis zur Wasseruhr eindeutig geregelt. Was an den Entnahmestellen herauskommt, ist eine andere Sache. Eine landesweit einheitliche Regelung der Kontrolle für Qualität und Reinheit gibt es nicht.“


Die aufgeführten Informationen stellen keine Rechtsberatung dar.
Im Einzelfall sollte ein Rechtsanwalt konsultiert werden.

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