Internationale Verrechnungspreise

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Das Gebiet der internationalen Verrechnungspreise entwickelte sich in den vergangenen Jahren zu einer der zentralen Herausforderungen des internationalen Steuerrechts. Als Verrechnungspreis wird in der Kosten- und Leistungsrechnung derjenige Preis bezeichnet, der zwischen verschiedenen Bereichen eines Unternehmens oder zwischen verschiedenen Gesellschaften eines Konzerns für innerbetrieblich ausgetauschte Güter und Dienstleistungen verrechnet wird.

Gerade für Unternehmen, die international über Tochtergesellschaften tätig sind spielen Verrechnungspreise eine große Rolle, da die Verrechnungspreise ein Mittel zur Optimierung der Steuerquote einer international tätigen Unternehmensgruppe sein können. Diesem durchaus legitimen Interesse steht allerdings das Interesse der jeweiligen Finanzverwaltungen in den beteiligten Staaten an der Sicherung des Steueraufkommens entgegen. Bei diesem konträren Interesse geht es somit im Kern um die Angemessenheit der internationalen Verrechnungspreise.

„Dealing-at-Arm’s-Length“–Prinzip

Bernd Hagenbring hält das Thema zunehmend auch für kleine und mittelständische Unternehmen, die international agieren, für brisant: „Da mit zunehmender globaler Verflechtung der Wirtschaftsbeziehungen die Problematik der Verrechnungspreise immer mehr kleine und mittelständische Unternehmen berührt, rückt gerade die Angemessenheit der internationalen Verrechnungspreise stärker in den Fokus des Interesses der Finanzverwaltungen. Denn es geht letztlich um die Verteilung des Steueraufkommens zwischen den Staaten.“
Genau aus dem Grund haben viele Länder ihre nationalen Regelungen zur Bestimmung der internationalen Verrechnungspreise im Interesse einer Sicherung des lokalen Steueraufkommens geändert und verschärft, wobei der Fremdvergleichsgrundsatz eine große Rolle spielt. Das „Dealing-at-Arm’s-Length“–Prinzip ist das international (Art. 9 OECD-MA) wie national (§ 1 Abs. 1 AStG) anerkannte Prinzip der Einkunftsabgrenzung zwischen verbunden Unternehmen. In Deutschland hat die Finanzverwaltung damit begonnen, ihre Verwaltungsgrundsätze betreffend die Prüfung der Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen an den internationalen Standard anzupassen.

Der Steuerexperte Bernd Hagenbring erläutert: „Die Besonderheit von Verrechnungspreisen besteht darin, dass sie sich nicht auf einem Markt durch das Spiel der Kräfte zwischen Angebot und Nachfrage bilden. Ökonomische Bedeutung erlangen Verrechnungspreise in zweifacher Hinsicht: einmal durch Anreiz- und Lenkungsfunktionen bei einer Profit-Center-Struktur, zum anderen durch ihre steuerlichen Auswirkungen.“

Internationale Steuervorschriften

In einem international agierenden Konzern lassen sich über Verrechnungspreise Gewinne zwischen mehreren juristisch selbstständigen Gesellschaften im Konzernverbund verschieben: Über die Ansetzung von Verrechnungspreisen kann der Gewinn in die leistende oder beziehende Gesellschaft verlagert werden, d.h. man wird den Verrechnungspreis so wählen, dass der größte Gewinn bei der Gesellschaft mit der geringsten Steuerbelastung entsteht. Dem sind jedoch durch nationale und internationale Steuervorschriften Grenzen gesetzt. Im Zuge des Wegfalls von zwischenstaatlichen Handelshemmnissen gewinnen Besteuerungsunterschiede verstärkten Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen. Sofern beteiligte Finanzbehörden unterschiedliche Korrekturen vornehmen, besteht auch die Gefahr einer Doppelbesteuerung. Bernd Hagenbring erklärt die wirtschaftliche Bedeutung der Steuerminimierungsfunktion: „Wenn man bedenkt, dass nach Schätzungen der OECD mehr als 60% des Welthandels über konzerninterne Transaktionen abgewickelt werden, wird klar, warum die Gestaltung der Verrechnungspreise bei multinationalen Unternehmen zunehmend in den Fokus des Interesses des Steuergesetzgebers rückt. Mehr als vierzig Länder haben in der letzten Zeit ihre diesbezüglichen Regelungen ausgebaut. Auch sind die OECD-Verrechnungspreisrichtlinien im Juli 2010 zuletzt in wesentlichen Teilen überarbeitet und weitgehend neu formuliert worden.“


Die aufgeführten Informationen stellen keine Rechtsberatung dar.
Im Einzelfall sollte ein Rechtsanwalt konsultiert werden.

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